Слайд 2
Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geht
literatur- und kunstgeschichtlich mit einem tiefgreifenden Wandel im Verständnis,
was Kunst eigentlich ausmacht. Das klassische geschlossene Drama, dessen Form seit der Renaissance normativ für die Dramaturgie eines „guten“ Stückes ist, bleibt formal erschreckend konservativ und ist von alten Richtlinien verhaftet.
Im Drama können expressionistische Dichter ihre Ideen der Wandlung und Steigerung wirkungsvoll demonstrieren. Daher übernimmt es neben der Lyrik eine beherrschende Rolle. Auf der Bühne wird zunächst die Geburt des neuen, gewandelten Menschen dargestellt.
Als Reaktion auf die Kriegserschütterung werden dann ab ca. 1915 auch Technikfeindlichkeit und Zivilisationshass zu wichtigen Themen, die von den Dramatikern auf die Bühne gebracht werden.
Слайд 3
Typisch für das expressionistische Drama sind nicht nur
lange Monologe, lyrisch-hymnische Bilderfolgen, sondern auch Gebärde, Tanz, Pantomime,
zeitloses Kostüm, abstraktes Bühnenbild und eine neue Beleuchtungstechnik. Es geht nicht mehr um Charakter, sondern um "Seele" oder "Psyche"; die Figuren erscheinen weit gehend als überindividuelle Typen ("Mann", "Frau", "Tochter"...) und totale Ich-Projektionen.
Слайд 4
Zur Charakterisierung des expressionistischen Dramas finden sich verschiedene
Termine: die beide Bezeichnungen Protagonistendrama und Stationendrama beziehen sich
auf die Struktur, das Verkündigungsdrama und Wandlungsdrama – auf Inhalt und Idee. Der Terminus Protagonistendrama will sagen, dass Dramen kein klares Gegnerpaar vorführen, der Protagonist erscheint als der Typus des modernen Ich, dessen Widerpart nicht eine Person, sondern die Welt ist. Auch wo der Gegner in der Gestalt eines Vaters ist, gibt es selten einen Dialog, meistens reden die Personen aneinander vorbei.
Слайд 5
Im Stationendrama ist der Held, dessen Entwicklung es
schildert, von Gestalten, die er an den Stationen seines
Weges antrifft, aufs deutlichste abgehoben. Sie erscheinen, indem sie nur in seinem Zusammentreffen mit ihnen auftreten, in seiner Perspektive und so auf ihn bezogen.
Das Wandlungsdrama ist eine Neuentwicklung des Expressionismus. Wandlung und Läuterung erinnern an den religiösen Weg von der Reue und Buße zur Besserung; die Stationen der Entwicklung und die Ausrichtung auf ein Ziel zudem an das klassische Konzept der Bildung.
Neu ist aber der Bildungsgang als antibürgerlicher Auf- und Ausbruch in eine abstrakte Utopie und seine Funktion als eindringlicher Appell an den Zuschauer zur Nacheiferung. Die Expressionisten wollen "bekennen und verkünden, auffordern und aufreizen, bewegen und verändern mit Hilfe ihrer Dramen", und zwar "die Wandlung des Einzelnen als Auftakt für die Änderung der Welt".
Слайд 6
Das expressionistische Theater war das Theater der Avantgarde,
der jungen Schauspieler und Regisseure. Es lӓßt sich als
opernhaftes Verkündigungsdrama bezeichnen, das im appellativen Pathos der Mittelpunktsfigur jeweils bestimmte Erfahrungsabschnitte als Stationen einer Seelenwandlung darstellt, an deren Ende zumeist die Verkündigung des neuen Menschen, die Anrufung einer abstrakten Utopie, steht.
Das expressionistische Drama, das hinsichtlich seines Erscheinens und seiner Wirkung schwerer zu datieren, erhielt starke Anregung durch den Schweden August Strindberg (1849-1912).
Слайд 7
August Strindberg hat mit der Form experimentiert und
den Expressionismus entscheidend beeinflusst. Seine Trilogie “Till Damaskus”(1898-1904, deutsch
“Nach Damaskus”, 1912) wird als Keimzelle des expressionistischen Dramas begriffen. Strindberg hat in diesem Drama eine Stationentechnik eingesetzt. Entsprechende Formen existieren in unterschiedlicher Ausprägung bereits in Passionsspielen und Märtyrerdramen des Mittelalters und der frühen Neuzeit.
Die besondere Leistung Strindbergs auf diesem Gebiet liegt darin, dass er das Schema des Stationendramas wieder entdeckt, um damit den Themen seiner Gegenwart eine angemessene dramatische Erzählstruktur zu geben. Das Stationendrama entspricht durch seine ausgeprägte Fixierung auf eine zentrale Hauptperson, die die Stationen eines Weges abschreitet, der Darstellung von Vereinzelung und Anonymisierung in der Gesellschaft sowie der Auflösung kausaler Zusammenhänge.
Слайд 8
Das Stationendrama ist eine Form des Dramas, in
der die einzelnen Szenen oder Bilder aneinandergereiht und vor
allem durch den Protagonisten des Stücks miteinander verbunden sind. Die einzelnen Stationen der Handlung stehen isoliert und gleichrangig nebeneinander, ohne aufeinander aufzubauen. Die Szenen erscheinen wie isolierte Perlen auf einer Kette.
Im Fokus steht die Hauptfigur, die von den anderen Figuren des Dramas deutlich abgegrenzt ist. Monologe des Protagonisten erhalten ein stärkeres Gewicht gegenüber Dialogen mit anderen Figuren. Die einzelnen Szenen werden zu Stationen seines Weges im realen Sinn eines Wanderungsdramas sowie im übertragenen Sinn seiner inneren Entwicklung.
Слайд 9
Die Form des Stationendramas wurde charakteristisch für das
expressionistische Drama und findet sich in Stücken wie Von
morgens bis mitternachts (1912) von Georg Kaiser oder Die Wandlung (1919) von Ernst Toller wieder. Auch Wolfgang Borchert griff mit „Draußen vor der Tür“ (1947) auf diese Dramenform zurück.
Carl Sternheim (Die Hose, 1911), Reinhard Sorge (Der Bettler , 1912) sowie Walter Hasenclever (Der Sohn, 1914). Brechts dramatisches Frühwerk, Baal (1919) und Trommeln in der Nacht (1922), sind ebenso in die Zeit des Expressionismus.
Слайд 10
Charakteristisch für die Thematik vieler Dramen war ein
Wandlungsprozeß des Protagonisten, wie er programmatisch in Tollers Die
Wandlung (1919) gezeigt wird. Nach der freiwilligen Kriegsbeteiligung des Protagonisten findet dieser bald die wahren Hintergründe des Krieges heraus. Er wandte sich von ihm ab und der Revolution zu, die er zu verbreiten versucht. Dramen mit messianischem Charakter wurden auch als Verkündigungsdramen bezeichnet. Das Ziel des Verkündigungsdramas ist der „neue Mensch“ , die Veränderung der Gesellschaft. Auch wenn sich die Ereignisse nicht geändert haben, setzten sich die Expressionisten mit ihren Appellen zum solidarischen Handeln, ein Zeichen. Das expressionistische Drama richtete sich jedoch am Illusionstheater aus, das den Spieler vom Publikum strikt trennte.
Слайд 11
Im Frühexpressionismus dominiert die individuelle Form der Wandlung,
die negativ die Anklage des alten, positiv die Entwicklung
zum neuen Menschen präsentiert. Dabei steht der Vater-Sohn-Konflikt als Generationenproblem im Vordergrund. Im Spӓtexpressionismus, besonders nach dem Krieg überwiegt dann die gesellschaftliche Form der Wandlung, entweder negativ als Zivilisationskritik am Kapitalismus, am Krieg oder an der Technik,oder positiv als Weg zu einer utopischen Gesellschaft der Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit und des Sozialismus.
Слайд 12
Das individuelle Wandlungsdrama spitzt das Problem mit Vorliebe
zum Antagonismus zwischen dem tyrannischen Vater und dem unterdrückten
Sohn zu. Wenn dabei auch persönliche Erfahrungen eine Rolle spielen, so handelt es sich dabei doch um repräsentative Konflikte, welche eine ganze Generation betreffen. Zudem steht der Vater von vornherein in der monarchischen und erklärt christlichen Gesellschaft außer für die familiäre auch für die staatliche und religiöse Ordnung.
Im Spätexpressionismus wurde das Drama zur dominierenden Gattung. Durch die Erlebnisse des Ersten Weltkrieges und die Erfahrungen der Unmenschlichkeit geprägt, hatten die Autoren ihren Glauben an die Humanität verloren. Die Probleme der industriellen Massengesellschaft wurden erstmals auf die Bühne gebracht und führten zu Neuheiten im theatralischen Apparat.
Слайд 13
ERNST BARLACH
Ernst Barlach, geboren am 2. Januar 1870
in Wedel; gestorben am 24. Oktober 1938 in Rostock,
war ein deutscher Autor, Zeichner und Bildhauer, wobei sich sein Werk dem Expressionismus sowie Realismus zuordnen lässt. Barlachs Werk umfasst Dramen, einzelne Schauspiele und zahlreiche Skulpturen. Bekannt ist er vornehmlich für seine Bronzen sowie Plastiken aus Holz. Eines seiner populärsten Werke ist die bronzene Skulptur Der Schwebende (1927), die der Künstler als Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen kreierte und erstmalig im Güstrower Dom zeigte.
Слайд 15
Er begann 1906 seine literarische Karriere. So entstand
„Russisches Tagebuch“. Immer wieder nahm er sowohl literarisch als
auch bildhauerisch und zeichnerisch Bezug auf seinen Russland-Aufenthalt vom Sommer 1906. Das dort gesehene Leid, der Hunger, das Elend der Menschen widerspiegelte er in späteren Werken künstlerisch, auch literarisch. Immer wieder griff BARLACH in diesem Zusammenhang auch das Thema Christentum auf. Einige dieser Dramen variieren das biblische Motiv vom verlorenen Sohn.
Слайд 16
Zwischen 1906 und 1938 entstanden neben autobiographischen Arbeiten
die Dramen: »Der tote Tag« (1912), »Der arme Vetter«
(1917), »Die echten Sedemunds« (1920), »Der Findling« (1922), »Die Sündflut« (1924), »Der blaue Boll« (1926), »Die gute Zeit« (1929) und »Der Graf von Ratzeburg« (postum 1951) - ferner die Romane »Seespeck« und »Der gestohlene Mond« (beide postum 1948).
Der Bildhauer ERNST BARLACH (1870–1938) feierte mit den Dramen
„Der tote Tag“ (1912),
„Der arme Vetter“ (1918)
„Die echten Sedemunds“ (1920)
„Der Findling“ (1922),
„Sündflut“ (1924) und
„Der blaue Boll“ (1926)
erste Erfolge auch auf der Bühne.
Слайд 17
„Der tote Tag“ (1912)
Motiv für dieses Drama war
angeblich ein gerichtlicher Streit. Barlach kämpfte in jenen Jahren
um die Vormundschaft für seinen Sohn. Er stellt die Problematik des Menschensohnes dar, der nicht begreifen will, dass er in seinem innersten Wesen göttlicher Herkunft ist. „Der arme Vetter“ (1918) - dieselbe Problematik: Hans Ivar (Hauptgestalt) verzweifelt an seiner Existenz und wählt durch inszenierten Selbstmord den Weg des Märtyrers in der Hoffnung auf religiöse Erlösung.
Слайд 18
„Die echten Sedemunds“ (1920) Im Zentrum steht wie
im Roman »Seespeck« der Versuch des einzelnen, in einer
ihm feindlich gegenüberstehenden Umwelt zurechtzukommen. Grude, der Held, will zeigen, dass jeder Mensch ein Doppelleben führt. Doppelgänger eines transzendenten Selbst ist dass Selbstverwirklichung stets auf einer metaphysischen Vereinigung mit diesem Selbst beruht.
Seine Kriegserlebnisse verarbeitete BARLACH dagegen in den Stücken, die ab 1918 entstanden. Sie sind vollends pazifistischen Charakters, kritisieren jedoch auch die Institution Kirche. Die Uraufführung von „Die Sündflut“ löste in Stuttgart sogar heftigste Reaktionen des Publikums aus, weil das Gottesbild, das BARLACH darin gezeichnet hatte, für die zumeist katholischen Zuschauer offensichtlich Blasphemie bedeutete.
Слайд 19
Seit 1936 wurde die Aufführung seiner Stücke in
Deutschland verboten. Aber bereits seit 1933 waren viele seiner
Skulpturen aus Museen und Kirchen entfernt worden. BARLACH blieb trotz vieler Anfeindungen – auch denen in seiner Wahlheimat Güstrow – in Deutschland.
Слайд 20
Friedrich Carl Georg Kaiser
25.11.1878 wird Georg Kaiser
als Sohn eines Kaufmannes in Magdeburg geboren.
besucht
er das Gymnasium in Magdeburg
schreibt er sein erstes Drama, den Einakter „Schellenkönig“ und wirkt am Lesezirkel „Sappho“ mit.
1898 verläßt er das Elternhaus, heuert als Schiffsjunge an und begibt sich nach Südamerika.
1900 durchstreift G. Kaiser Argentinien und erkrankt an Malaria.
1901 - 1903 Lange Krankheit (Malariafieber) und Rückkehr nach Deutschland.
1906 Geburtsstunde des dichterischen Expressionismus; G. Kaiser schreibt eine Vielzahl von Dramen, die jedoch nicht vor 1911 publiziert werden.
Слайд 21
1911 Beginn der Publikation seiner frühen Dramen z.B.: „Die
jüdische Witwe“ , „David und Goliath“
1917 Gelingt Georg Kaiser der
Durchbruch zu einem der erfolgreichsten und meistgespielten Autoren seiner Zeit zu werden.
29.1.1917 Uraufführung des Schauspiels „Die Bürger von Calais“ in Frankfurt am Main.
Von nun an beginnt Georg Kaisers Erfolg. Seine Dramen werden auf den Bühnen der ganzen Welt gespielt. Er propagiert in seinen Dramen die „Erneuerung des Menschen“.
1933 Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kommt es zum Verbot seiner Bücher und der Aufführung seiner Dramen.
1938 Emigration in die Schweiz. 1939 – 1944 arbeitet er unermüdlich an seinen Dramen und Werken.4.6.1945 stirbt Georg Kaiser in Ascona an den Folgen einer Vergiftung durch eine unsterile Injektionsnadel.
Слайд 22
Seit 1903 war Kaiser als Dramenautor außerordentlich produktiv.
Er schrieb schon früh Dramen – insgesamt etwa 70
Bühnenwerke, die in den Jahren1918 bis 1933 viel gespielt wurden. Sein Debüt gelang ihm jedoch erst 1911 mit dem Schauspiel „Die jüdische Witwe“. Dann folgte der “König Hahnrei“ (1913).
Die zeitweise katastrophale monetäre Situation verbesserte sich erst mit dem während des Ersten Weltkriegs einsetzenden, breiten öffentlichen Erfolg. Der endgültige Durchbruch gelang Kaiser mit dem 1914 gedruckten und im Januar 1917 in Frankfurt/Main uraufgeführten Schauspiel „Die Bürger von Calais“ (1914).
Слайд 23
„Die Bürger von Calais“ (1914)
Anregung zu diesem Drama
erhielt Georg Kaiser durch das Denkmal des Bildhauers Auguste
Rodin, welches zur Erinnerung an die Belagerung von Calais auf dem Marktplatz vor dem Rathaus aufgestellt ist. Den geschichtlichen Hintergrund und Einzelheiten der Handlung entnahm er der Chronik des Dichters Froissart. Dieser hat als Zeitgenosse die Belagerung von Calais miterlebt und schriftlich festgehalten.
Слайд 24
G. Kaiser wollte kein historisches Drama nach
Froissarts Schilderungen erschaffen. Er nahm Motive aus der Geschichte
als Grundlage für sein Drama, in dem es um die Verkörperung des „neuen Menschen“ geht. Nicht die Tragödie der Übergabe der Stadt steht im Vordergrund des Stückes, sondern die Opferbereitschaft der einzelnen Personen. Georg Kaiser versucht einen neuen Menschen zu charakterisieren, einen, der seine Opferbereitschaft zeigt zum Wohle der Gemeinschaft, einen der sich gegen Waffengewalt stellt und für die Erhaltung des Friedens um jeden Preis geradesteht, auch wenn es das eigene Leben kostet.
Слайд 25
1916 entstand Kaisers gesellschaftskritisches Stationendrama „Von morgens bis
mitternachts“, in dem ein kleiner Beamter mit unterschlagenem Geld
den Lebensgenuss in der Großstadt sucht und im Selbstmord als Märtyrer endet. Das ist ein zeittypisches Werk. „ Mit keinem Geld aus allen Bankkassen der Welt kann man sch irgendwas von Wert kaufen … Das Geld verschlechtert den Wert. Das Geld verhüllt das echte – das Geld ist der armseligste Schwindel unter allem Betrug!“
Aus der nächsten Kaisers Werke konnte man z.B. „Gas I, II“, „Der Protagonist“ oder „Der Silbersee“ nennen.